1 "Jichus" (hebr.) ist der Stammbaum; wenn jemand "Jiches" hatte, wie man im Jiddischen sagte, konnte er auf eine vornehme Abstammung verweisen.
2 Gemeint ist wohl: "der Schreiber [dieses Schriftstücks]" und nicht, wie der Tradent Moses Jakob Lindauer vermutete, daß "er [von Beruf] Schreiber war".
3 Vielleicht: "von Stockum [= Stockheim]"; denkbar wäre etwa Mainstockheim.
4 Die Geschichte der Familien Lindauer und Weil, aufgezeichnet von unserem seligen Vater Moses Jacob Lindauer, Typoskript o. J. in Familienbesitz (Kopie im Stadtarchiv Göppingen), S. 4.
5 Auch in Jebenhausen wurden daher noch besondere Gebete für jene Rabbiner, Fürsprecher und edlen Wohltäter gesprochen, die mehr als zweihundert Jahre zuvor in den jüdischen Gemeinden zu Günzburg, Pfersee, Thannhausen und andernorts in der Markgrafschaft Burgau gewirkt hatten.
6 "Chasanut" (hebr.) ist der liturgische Gesang.
7 Dieses Erbe wurde noch bis zuletzt in den aus Jebenhausen stammenden jüdischen Familien Göppingens in edlem Wettstreit gepflegt und ist auch in der Emigration nicht vergessen worden. "Nicht singen können" galt als bedenklicher Defekt. Der konkurrierende Anspruch auf direkte Abstammung von dem (tatsächlich kinderlos gebliebenen) Kammersänger Heinrich Sontheim konnte, wie ich selbst noch vor einigen Jahren erlebte, zwischen den Angehörigen verschiedener Familien zu durchaus ernsthafter Rivalität führen.
8 "Kehilla" (hebr.): Gemeinde.
9 Es handelt sich hierbei um das später als "Sontheimersches Häuschen" bekannte einstöckige Gebäude.
10 Der Ausdruck geht zurück auf die hebräische Formel, mit welcher in der Synagoge jeweils verkündet wird, was der zur Thora-Lesung oder zu anderen Ehrenämtern Aufgerufene zu spenden gelobt hat: "sche-nadar" ("der gelobt hat") ist das entscheidende, die Aufmerksamkeit wachrufende Stichwort, bevor die Summe genannt wird.
11 "Mussar" (hebr.): Moral, Sittlichkeit. Die Werke dieses Genres, die sich oft ausdrücklich an den "einfachen Mann" oder auch an Frauen wandten, waren vielfach nicht hebräisch, sondern in der jiddischen Alltagssprache verfaßt und konnten so auch jenseits eines gebildeten Publikums eine weite Leserschaft finden.
12 "Simchat Thora" ist das Fest der Gesetzesfreude zur Erinnerung an die göttliche Offenbarung am Berg Sinai; "Schabbat ha-gadol" ist der "große Sabbat" vor dem Passah-Fest. In den traditionellen Gemeinden hielt der Rabbiner für gewöhnlich nur an diesen beiden Tagen eine Predigt.
13 "Rosch ha-Schana" ist das Neujahrsfest, "Jom Kippur" der Versöhnungstag, strengster Bußund Fasttag.
14 Gemeint ist die Verlesung der wöchentlichen Thora-Abschnitte im Gottesdienst, zu der Gemeindemitglieder je nach ihren Verdiensten oder nach Spendengebot aufgerufen werden.
15 Allgemeine Zeitung des Judenthums, 6. Jahrgang (1842), S. 278.
16 "Chewra Kaddischa" (hebr./aramäisch): Heilige Gesellschaft.
17 "Chewrat Nearim" (hebr.): Gesellschaft der Knaben.
18 "Chewra Dawar Tow" (hebr.): Gesellschaft ‚Gute Sache'.
19 "Chewra Hachnassat Kalla" (hebr.): Gesellschaft ‚Einholung der Braut'.
20 Im Jiddischen hat das Wort vor diesem Hintergrund den Beiklang des Mißtrauens gegenüber dem suspekten Fremden angenommen: "Mit Gäscht soll man nichts anfangen".
21 Hauptstaatsarchiv Stuttgart: H 213/5741. Die "Einzige vermögl. Juden Famille" war die des Elias Gutmann.
22 "Schemuot" (hebr.), in der jiddischen Aussprache "Schmues", sind die Gerüchte und Neuigkeiten, die dem "Schmuser" zu Ohren kommen und die sein eigentliches Kapital im Vermittlungsgeschäft darstellen.
23 "Techinot" (hebr.): Bittgebete; vermutlich handelte es sich um ein jiddisches Gebetbuch für Frauen. In Wankheim bei Tübingen existierte eine kleine jüdische Gemeinde.
24 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 6.
25 Gustav Schwab, Die Neckarseite der Schwäbischen Alb, Stuttgart 1823. Neudruck der Ausgabe Tübingen 1960, S. 202.
26 Allgemeine Zeitung des Judenthums, 3. Jahrgang (1839), S. 347.
27 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 13.
28 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 11.
29 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 5.
30 Als "Bekreisen" bezeichnete man das Ziehen eines magischen Zirkels um das besonders schutzbedürftige Neugeborene.
31 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 7.
32 "Baal Schem" (hebr.): Herr des (geheimen göttlichen) Namens.
33 Die vierbändige "Deutsche Grammatik" von Jacob Grimm erschien erstmals 1819, der große Erzählzyklus "Die Serapions-Brüder" von E. T. A. Hoffmann gleichfalls ab 1819. Neben Schillers Drama "Die Räuber" stand im Bücherregal des frommen jüdischen Vieh- und Pferdehändlers das 1803 erschienene Lustspiel "Die deutschen Kleinstädter" von August von Kotzebue, das die gesellschaftlichen Konventionen und die Ämterund Ehrsucht in dem sprichwörtlich gewordenen "Krähwinkel" aufs Korn nimmt.
34 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 7.
35 "Chasonus" ist "Chasanut" (hebr.): liturgischer Gesang, hier in der in den deutschen Gemeinden üblichen westjiddischen Aussprache.
36 "Bedikut" (hebr.): Prüfung; die Fleischbeschau nach der Schächtung.
37 Das Amt des "Mohel" (hebr.: Beschneider), der den Knaben in den Bund Abrahams einführt.
38 "Baal Tekia" (hebr.): Hornbläser, der an bestimmten Tagen in der Synagoge das Widderhorn ("Schofar") bläst. Die Übernahme dieses Amtes wird dadurch motiviert, daß Mayer Lindauer kurz nach dem Blasen des Schofar zum Abschluß des Versöhnungstages das Licht der Welt erblickt hatte.
39 Die Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 9-10.
40 "Pijutim" (hebr.): Gedichte, die synagogale Poesie. Die Vielzahl der vorwiegend im Mittelalter entstandenen Pijutim hatte im Gottesdienst neben den Gebetstexten überhandgenommen; im Zuge der Gottesdienstreform wurden sie weitgehend entfernt.
41 Allgemeine Zeitung des Judenthums, 21. Jahrgang (1857), S. 424.
42 "Subsellien": (Kirchen)bänke.
43 Hauptstaatsarchiv Stuttgart: H 213/5741.
44 Jahrbuch des Nützlichen und Unterhaltenden für Israeliten, 14. Jahrgang (1856), S. 60.
45 Berthold Auerbach, Briefe an seinen Freund Jacob Auerbach, Bd. 2, Frankfurt a. M. 1884, S. 165-166.
46 "Sukka" (hebr.): die Laubhütte, in der während des achttägigen Laubhüttenfests im Herbst gegessen und geschlafen wird. In vielen von Juden bewohnten Häusern erlaubte eine besondere Dachkonstruktion das Aufklappen eines Dachteils, wodurch eine "Sukka" errichtet werden konnte.
47 Gemeint sind die achtarmigen Leuchter, die während des achttägigen Chanukka-Fests in die Fenster gestellt werden.
48 Am Purim-Fest - allerdings taten dasselbe wohl die christlichen Kinder zu Ostern mit den "Karfreitagsrätschen".
49 Vor dem Passah-Fest muß das Haus von allem Sauerteig (hebr.: "chametz") gesäubert werden. Es war in den Landgemeinden üblich, den verbliebenen "Chometz" auf der Gasse zu verbrennen.
50 Geschichte der Familien Lindauer und Weil, S. 15.